
Wie Du damit umgehst, wenn Du als Trauerbegleiter*in selbst in Trauer bist...
Es geht in dem Moment umd ie Balance zwischen eigener Trauer und der Trauer der Menschen, die Du begleitest. Was machst Du, wenn die Waage gerade sehr in Richtung Deiner Trauer ausschlägt?
Seit gut sieben Jahren bin ich selbständige Trauerbegleiterin in eigener Praxis. In der Zeit gab es beruflich wie privat einige Herausforderungen zu bewältigen: z.B. als nach der Gründungsphase nach 6 Monaten der Gründungszuschuss des Arbeitsamtes auslief, als ich fast ein halbes Jahr wegen einer Knie OP mit Reha ausfiel oder die lange Pflegephase, als mein Mann dement wurde.
Was aber macht eine Trauerbegleiterin, wenn sie selbst einen Trauerfall hat? Dieses Frühjahr musste ich selbst den Ernstfall durchleben. Nein, es war nicht mein Mann, sondern meine junge Mitbewohnerin, mit der ich einige Monate hier in einer Wohngemeinschaft zusammengelebt und jeden Morgen zusammen gefrühstückt hatte. Sie war mir sehr ans Herz gewachsen, wir hatten uns sehr gut verstanden.
Ich kenne es von mir in Trauerfällen, dass die Schockphase relativ kurz ist und ich noch kurz weiterfunktioniere, und dann die Trauer bei mir sehr schnell ausgelöst wird. Es war auch diesmal so. Meine erste Reaktion ist: Meine besten Freundinnen anrufen und informieren. Um Besuche und Telefonate bitten. Als nächstes ein Blick in den Terminkalender und die Praxis mindestens eine, besser zwei Wochen lang schließen.
Manche Klient*innen habe ich angeschrieben per Mail, andere habe ich angerufen. Ich bin in so einem Fall sehr kurzangebunden und direkt und sage: Frau XY, ich habe gerade selbst einen Trauerfall, ich kann nicht arbeiten. Ich muss die Praxis ein, zwei Wochen mindestens schließen. Ich verlege Termine also mindestens um zwei Wochen, besser drei Wochen.
Dafür habe ich diesmal in meinem Osterurlaub gearbeitet, ich wollte sowieso nicht wegfahren. Es ist mir wichtig, dass ich mir sofort Zeit für mich nehmen, denn wenn ich selbst zu Tränen aufgelöst bin, kann ich niemand Trauernden beraten. Es gibt Klienten und Klientinnen, die verstehen das sofort, die kondolieren sogar höflich, und haben Verständnis.
Richte Dich darauf ein, dass das nicht alle haben, und dass manche Klientinnen und Klienten geradezu um ihren Termin kämpfen und versuchen, Dich zu überreden, völlig über Deine Grenzen zu gehen. Falls Du jetzt selbst trauernd bist und das hier liest: Alle Trauernde sind gleichermaßen verletzlich und bedürftig, die Trauerbegleitenden genauso wie die Trauernden. Das macht es so schwierig, auf einen Termin zu verzichten. Grenze Dich gut ab, denn Du brauchst jetzt Zeit für Dich!
Als nächster Schritt: Weitere Termine absagen oder verschieben, die verzeihlich sind oder gut zu verschieben sind. Ich habe z.B. meine Buchhaltung innerhalb eines tolerablen Zeitraums zwei Wochen nach hinten geschoben. Ein Seminarwochenende konnte ich nicht verschieben, das war ausgebucht. Unterrichten geht leichter als Beraten in so einer Situation.
Nächster Schritt: Sich selbst viel Hilfe holen. Ein Freund kam gleich am ersten Abend vorbei, eine Freundin am zweiten Nachmittag. Mir hilft viel Reden, Reden und Schreiben, Schreiben. Ich werde der jungen Frau irgendwann, wenn es soweit ist, einen Abschiedsbrief schreiben und verbrennen oder in den Urselbach werfen. Ich habe mir selbst eine Krisenstunde gebucht bei einer Coachingfrau, die mich lange begleitet hat.
Was tut mir gut? Die Natur tut mir gut, Beten für die Seele der Verstorbenen, Beten für die Angehörigen. Ich saß viel auf dem Balkon, schaute in die blühende Landschaft und schrieb seitenweise Tagebuch. Merkwürdigerweise tut mir auch Kochen in der Trauer gut. Viele Trauernde haben ja keinen Appetit und keine Lust zu kochen. Mir tut es gut, für mich selbst etwas Gutes zu kochen und damit zu bekräftigen: Ich sorge für mich, ich will leben, ich habe Hunger und Appetit, ich esse und lebe weiter. Und mir hilft es sehr, ein paar Tage Schwarz zu tragen als Zeichen meiner Stimmung. Weißt Du, was Dir in so einer Situation guttut? Schreibe es gerne in die Kommentare!
In meinem elektronischen Terminkalender habe ich 14 Tage angegraut und damit geblockt.
Natürlich laufen in dieser Zeit alle, restlos alle Zahlungen und Kosten weiter: Die Sozialversicherungen, die private Miete, die Miete der Praxis, alle Abos von Internettools und Telefongebühren. Ich musste zum Glück keine Reise stornieren.
Wie überlebe ich finanziell eine solche Phase? Rücklagen sind gut, wenn man sie hat. Es heißt zwar immer, Soloselbständige sollten Rücklagen haben für mindestens ein halbes Jahr komplette Firmen- und private Lebenshaltungskosten. Aber nicht jede und jeder hat das.
Was mir hilft: Weiter verkaufen. Das klingt in so einer Situation sehr mehrwürdig. Aber ich habe das große Glück, Seminarplätze anbieten zu können. Zwei Grundlagenkurse in Trauerbegleitung im Jahr, mehrere Auffrischungstage und einige kleinere Halbtagsseminare oder Abendseminare. Dazu kommt die Trauer Online Akademie, in der ich Trauerbegleitende darin coache, sich selbständig zu machen, sichtbarer zu werden mit ihrer Praxis und bekannter zu werden. Diese ganzen Akademietätigkeiten laufen im Hintergrund weiter. Sie sorgen für ein regelmäßiges „Grundrauschen“ auf meinem Konto.
Und das war eine wichtige Information meiner Gründungsberaterin: Du brauchst einen Produktmix. Wenn Du nur von 1:1 Beratung lebst und Du fällst ganz aus, wird es sehr schnell sehr eng. Daher habe ich einen Produktmix aus Einzelberatungen, Trauergruppen, Seminaren, Coachings und inzwischen passivem Einkommen aus meinen Büchern und meinen Onlinekursen.
Natürlich nehme ich in dieser Verfassung keine neuen Werbevideos auf. Ich habe einen Contentplan, an manchen Tagen habe ich viele Contentideen, an anderen wenige. In einer Woche schreibe ich mal drei Blogartikel auf Vorrat, in einer anderen Woche gar nichts. So habe ich immer etwas Content auf Vorrat. Und oft plane ich das für eine Woche im Voraus.
Was sehr, sehr schwierig war, war die Begegnung mit den Eltern, die das Zimmer meiner jungen Mitbewohnerin ausgeräumt haben und völlig unter Schock standen. Sie waren so bemüht, das zügig zu erledigen. Ich war ihnen unglaublich dankbar dafür. Und gleichzeitig dachte ich, sie sind jetzt mitten in der Schleusenzeit und muten sich so etwas zu.
Ich brauche nach so einem Erlebnis viel, viel frische Luft, viel lüften in der Wohnung, viel draußen sitzen, auf dem Balkon, in einem Straßencafé, in meinem Lieblingscafé. Ruhige, achtsame Spaziergänge machen. Und ich brauche Phasen der Ablenkung abwechselnd mit Phasen der Trauerarbeit, des Beklagens, Beweinens und der vielen Warum Fragen, die nie gelöst werden können. Ich habe mich gegen eine Krankschreibung entschieden, weil die für mich als selbständige nur Sinn macht, wenn sie über einen längeren Zeitraum geht wegen der Krankentagegeldregelung. Für kurze Zeit ist eine Krankmeldung eher hinderlich, da ich dann gar nicht arbeiten darf, auch nicht im Backoffice.
Ich habe wochenlang ganz viel gelüftet und ganz viele Reinigungsrituale gemacht, mit Wasser, mit Salz, mit Kerzenlicht, mit Räucherwerk und Glockenklang.
Wie helfe ich mir, wenn ich die Arbeit wieder aufnehme?
Ich starte mit Klienten und Klientinnen, mit denen ich ein stabiles Arbeitsbündnis habe. In der ersten Woche nehme ich keine akuten Erstgespräche an. Und ich ziehe mir, wenn ich zur Arbeit gehe, absolute Lieblingsklamotten an, mein liebstes Jackett, meine liebste Bluse, schminke mich, lege Schmuck an, den ich sehr mag. Ich plane mehr Pausen zwischen den Terminen ein. Mir hilft bestimmte Kleidung, wieder gut in meine Rolle zu kommen. Und das wünsche ich Dir auch, dass Du nach einem Trauerfall irgendwann wieder gut in Deine Rolle als Trauerbegleiter*in hineinkommst!
Mir ist natürlich klar, dass der zeitliche Verlauf und die Intensität hier ganz anders gewesen wäre, wenn es mein Mann gewesen wäre oder als es mein Lieblingsonkel war.
Wenn Du wissen willst, wie ich in der Trauer Online Akademie andere Trauerbegleitende coache und berate, buche Dir ein Schnupperabo für 299 Euro für drei Monate. Dieses Angebot gilt bis Ende April! Hier kannst Du es buchen!
Wenn Du wissen willst, was ich mit Contentplan und Social Media Marketing mache, nimm am Schnupperseminar „Social Media Marketing für Trauerbegleitende und Coaches“ am 29.4. abends teil zum unschlagbaren Preis von 19 Euro. Es lohnt sich sehr, immer etwas Content auf Vorrat zu produzieren! Hier kannst Du das Schnupperseminar buchen!
Ich freue mich, wenn Dir der Artikel geholfen hat, über eine Trauererfahrung hinweg zu kommen und gut wieder weiterarbeiten zu können als Trauerbegleiter*in. Schreibe mir gerne, ob Du das schon einmal erlebt hast, und was Dir geholfen hat.
Herzliche Grüße
Monika Müller-Herrmann

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Milena (Dienstag, 15 April 2025 17:16)
Mir hilft früh schlafen gehen, gut essen und kochen (Kreativität die nährt), Schreiben und Sprechen. Mit den Katzen auf dem Sofa liegen. Gute, nicht allzu schwere Bücher/Filme oder Serien zur Ablenkung. Grüne Natur und Yoga/Qi Gong mit meditativen Anteilen.
Ich habe auch Klienten versetzt bzw eine online Beratung eingeplant, vor der ich meine Situation teilweise transparant gemacht habe.
Köhler Barbara (Dienstag, 15 April 2025 17:27)
Liebe Frau Müller-Herrmann,
ich bedaure es sehr, dass Sie so einen lieb gewonnenen Menschen verloren haben und wünsche Ihnen viel Kraft durch diese schwere Zeit zu kommen.
Mitfühlende Grüße
B. Köhler aus der Trauergruppe
Vincentia Beck-Wagner (Dienstag, 15 April 2025 18:58)
Im November 2024 ist mein ältester Bruder gestorben. Zwei weitere sind ca 2 Jahre bzw. 30 Jahre zuvor gegangen
Mir hilft Meditation, Musik, Schreiben,
Bewegung und viel Zeit für mich.
Im Augenblick, seit diesem Monat ,mache ich die Erfahrung, daß ich die" Brüder " vermisse. Ich bin plötzlich fassungslos, dass ich keine Brüder mehr habe und trauere um diese Gruppe!
Das hat mich total unerwartet getroffen !
Monika Müller-Herrmann (Dienstag, 15 April 2025 20:19)
Vielen Dank, Frau Köhler, für Ihre Anteilnahme. Vielen Dank, Vincentia Beck-Wagner für das Erlebnis mit den Brüdern. Gönne Dir auf alle Fälle eine Pause, wenn Du magst und brauchst.
Danke, Milena, für die Erfahrung. Mir hilft auch, früh ins Bett zu gehen. Ich verarbeite sehr viel im Traum und im Schlaf. Und ich finde Trauern unglaublich anstrengend, auch körperlich spürbar.
Danke an alle, die hier mitlesen, Ihre Gedanken, Gefühle und Erfahrungen teilen.
Ganz herzliche Grüße
Monika Müller-Herrmann
Ruth Kubik (Mittwoch, 16 April 2025 06:11)
Mir hilft weinen in absoluter Erlaubnis und Widerstandslosigkeit. Also ich lasse den Schmerz durch mich durchfließen ohne ihn zu verstärken oder weg haben zu wollen. Und dabei alle Gefühle zu spüren, die gefühlt werden wollen. Mir hilft auch dass der Alltag weitergeht, also für mich hat der Alltag eine starke normalisierende und lebensbejahende Stabilität, auch wenn ich alles wie auf Eierschalen mache. Mir hilft auch reden mit wohlmeinenden Menschen, also auch die Worte lasse ich aus mir herausfließen. Und mir hilft ganz stark Dankbarkeit, dass ich leben darf und Demut vor der Macht und Größe des Unfassbaren. Danke fürs Teilen, liebe Monika �
Monika Müller-Herrmann (Mittwoch, 16 April 2025 09:14)
Liebe Ruth,
ja, Weinen hilft mir sehr und ich bin grundsätzlich "nah am Wasser gebaut". Was in meinem Beruf nicht ganz einfach ist manchmal... Danke Dir für Deine Rückmeldung und die Anregung, hier diesen Artikel zu schreiben.
Liebe Grüße
Monika Müller-Herrmann