Wenn die alten Eltern ins Pflegeheim gehen
Wenn die Pflege zu Hause nicht mehr leistbar ist, kann das ganz unterschiedliche Gründe haben. Man hat vielleicht lange mit einem ambulanten Pflegedienst gearbeitet, und die Pflegebedürftigkeit ist immer mehr geworden. Eine 24h Versorgung erscheint jetzt ratsam, und die Kosten eines 24 h Pflegedienstes sind oft teurer als ein Platz im Pflegeheim. Eine andere Ursache kann die zunehmende Unruhe und Verwirrtheit bei Menschen mit Demenz sein. Obwohl sie noch körperlich mobil sind, brauchen Sie eine 24h Beaufsichtigung.
Manche pflegende Angehörige versuchen sehr lange noch, Beruf, Pflege und ihr eigenes Privatleben unter einen Hut zu bekommen. Andere geben den Beruf auf, nehmen Pflegezeit, oder sie sind selbst schon im Rentenalter. Eine Pflege zu Hause kann einen Angehörigen sehr an seine Grenzen bringen und erschöpfen. Irgendwann merkt man, es wächst der Wunsch nach Entlastung, nach weniger tagtäglicher Sorge, oder die eigenen körperlichen Kräfte lassen nach. Ein Kompromiss kann sein, für ein paar Tage mit einem Tagespflegeheim zu kooperieren, so dass Ihre Eltern tagsüber dort versorgt sind. Aber manchmal geht es nicht ohne den Einzug ins Pflegeheim. Was erst ein verzweifelter Wunsch ist, wird langsam zum Plan. Vielleicht hatte man ja dem alten Elternteil versprochen, sie bis zuletzt zu Hause zu pflegen, und da nagt es sehr am eigenen Gewissen, wenn jetzt der Wunsch aufkommt, eine Pflege zu Hause aufzugeben und in ein Heim umzuziehen.
Beginnen Sie rechtzeitig mit der Suche nach einem Pflegeheim. Vielleicht kennen Sie auch schon eines, weil Sie schon einmal Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege in Anspruch genommen haben. Es gibt einige gute Checklisten, die helfen können bei der Auswahl von einem Platz im Pflegeheim, z.B. die Checkliste von der BAGSO (Bundesarbeitsgemeinschaft Senioren Organisationen e.V.).
Wenn Ihre Eltern noch orientiert sind und in der Lage dazu sind, können Sie den Wunsch, der in Ihnen reift, offen besprechen. Sagen Sie klar, warum es über Ihre Grenzen geht, die Pflege selbst noch länger zu leisten. Besprechen Sie gemeinsam, welches Pflegeheim in Frage kommt, schauen Sie es sich selbst gemeinsam an. Manche sehr gute Pflegeheime haben eine Warteliste, andere haben durchaus einen Platz frei. In einigen Städten gibt es eine Überkapazität an Pflegeplätzen. Melden Sie Ihre Eltern daher frühzeitig an, wenn die Entwicklung in diese Richtung geht.
Wenn Sie unsicher sind, was an Zahlungen auf Sie und Ihre Eltern zukommt, gehen Sie zu einem Pflegestützpunkt und lassen es sich ausrechnen mit dem Kostenvoranschlag des Pflegeheims.
Wenn es um ein Pflegeheim für Eltern mit fortgeschrittener Demenz geht, dann müssen Sie privat bevollmächtigt oder gesetzlicher Betreuer dieses Elternteils sein, um einen Heimvertrag abschließen zu können. Achten Sie darauf, ob das Haus über ein gutes Konzept für Menschen mit Demenz verfügt. Das ist z.B. bei dem Pflegemodell nach Böhm der Fall oder bei speziellen kleinen Wohngruppen für Menschen mit Demenz.
Wenn Sie selbst alleine das Zimmer besichtigen, und die Entscheidung für ihr Elternteil alleine treffen müssen, ist es besonders schwer. Mein Mann hatte damals Tränen in den Augen, als er das Zimmer für seine Mutter aussuchen musste. Denn ihm war klar, seine Mutter wusste von all dem nichts und hätte es nie so gewollt. Wir fanden aber ein Haus mit einem sehr guten Demenzkonzept und sie lebte sich erstaunlich schnell dort ein.
Das Pflegeheim gibt ihnen für den Einzug eine Checkliste mit. Wahrscheinlich müssen sie noch einmal Wäsche kaufen, denn durch den verlängerten Wäschewechsel der Wäscherei muss genug Wäsche zum Wechseln vorhanden sein. Bitte geben Sie jedes Wäschestück zum Kennzeichnen in der Wäscherei des Pflegeheims ab, räumen Sie keinerlei Wäsche ungekennzeichnet selbst in den Schrank, denn sie geht sonst unweigerlich verloren.
Welche Bilder und welche kleinen Möbelstücke Ihre Mutter oder ihr Vater mitnehmen können, ist auch schwer zu entscheiden. Vorgeben vom Heim ist meistens das Pflegebett und der Nachttisch, vielleicht gibt es ein paar Einbauschränke, die fest installiert sind. Aber eine kleine Kommode oder ein Lieblingssessel ist eine wertvolle Gestaltung des eigenen Zimmers. Fragen Sie hier, was möglich ist.
Die Einzelzimmerquote ist in vielen Pflegeheimen gestiegen, dennoch kann es passieren, dass für einen dringenden Neueinzug nur ein Doppelzimmer zur Verfügung steht. Diese Aufgabe von Privatheit ist ein sehr schwerer Schritt, zumal man sich ja den Menschen, mit dem man jetzt das Zimmer teilt, nicht aussuchen kann.
Wenn Sie ihre Mutter oder Ihren Vater dann ins Pflegeheim bringen, und der Tag des Einzugs konkret kommt, ist es oft für Sie beide ein sehr schwerer Tag. Manche Eltern sind sehr tapfer und schließen im Pflegeheim schnell neue Kontakte, manche sind sehr hilflos und traurig. Stellen Sie sich darauf ein, dass auch bei Ihnen große Trauer frei werden kann. Mein Mann hat die ersten Tage nach dem Einzug seiner Mutter ins Pflegeheim geheult wie ein Schlosshund. Das Gefühl, versagt zu haben, große Trauer, Schuldvorwürfe können Sie anfangs sehr quälen. Gleichzeitig verspüren viele eine ausgesprochene Erleichterung, dass die Last der Pflege und Betreuung von Ihnen genommen ist.
Planen Sie nun für sich, wie sie die Wohnung der Eltern auflösen und wie Sie Ihre Besuche im Pflegeheim organisieren wollen. Wie oft wollen Sie hingehen? Was wäre ein gutes Maß? Wie ist Ihre Haltung zu den Pflegekräften dort? Wie gehen Sie um mit dem Wunsch nach Kontrolle, mit Dankbarkeit, Kritik? Vielleicht füllen Sie auch einen Biographiefragebogen für ihr Elternteil aus und sind unsicher, was sie dort eintragen wollen und was Ihnen zu privat erscheint.
Um die Wohnung der Eltern kündigen zu können, benötigen Sie auch eine private Vollmacht oder eine gesetzliche Betreuung und meistens eine Genehmigung vom Gericht. Die Kündigung einer Wohnung ist in den Augen des Betreungsgerichts ein schwerwiegender Schritt, der meistens einer extra Genehmigung bedarf. Wenn Ihre Eltern sehr lange in der Wohnung gelebt haben, ist mit einer langen Kündigungsfrist zu rechnen. Evtl. macht es Sinn, die Wohnung noch einmal möbliert zwischen zu vermieten. Die Auflösung der elterlichen Wohnung ist ein körperlich und emotional sehr anstrengender Prozess. Holen Sie sich unbedingt Hilfe von Freunden und Profis!
Wenn Sie jetzt Ihre Eltern besuchen, achten Sie auf die Informationen der Pflegekräfte und auf die Zwischentöne. Ihre Eltern versuchen vielleicht, tapfer zu sein, möglichst nicht zur Last zu fallen. Oder sie begegnen Ihnen klagend, vorwurfsvoll, traurig. Sie können sich für die Bewältigung dieser Lebensentscheidung und dieser Veränderung auch ein kleines Coaching oder eine Kurzzeittherapie gönnen, denn es ist keine einfache Lebensphase.
Wie immer wünsche ich Ihnen, dass Sie das noch lange nicht brauchen. Aber zögern Sie nicht, auch für sich Hilfe zu organisieren, um mit dieser veränderten Lebenssituation umzugehen.
Herzliche Grüße,
Monika Müller-Herrmann
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